In einer Stellungnahme zum Beschluss des UNESCO-Welterbekomitee in Brasilia und einer dazu durchgeführten Analyse der bisherigen Planungen kommen Wissenschaftler zum Ergebnis, dass die weitere Entwicklung wie in Dresden oder Stuttgart verlaufen könnte. Eine solch verheerende Situation gelte es abzuwenden.
Bonn, Florenz, Hamm: Die Gesellschaft für die Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP-Gesellschaft), die internationale Vereinigung CIVLSCAPE zur europäischen Landschaftsschutzkonvention und die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF) setzen sich im Rahmen einer Stellungnahme eingehend mit dem Beschluss des UNESCO-Welterbekomitee zur Planung einer Mittelrheinbrücke auseinander.
Hierzu wurden auch die höheren Ebenen der Planentwürfe analysiert, mit denen bereits wesentliche Entscheidungen über die Durchführung des Projektes getroffen wurden. Dazu Dr. Frank Scholles von der UVP-Gesellschaft: „Die Grundsteine werden so gelegt und drohen weiter so gelegt zu werden, dass die Dinge wie in Dresden oder Stuttgart laufen können“.
Hintergrund für diese Sicht auf den Mittelrhein sind die Angaben zum Projekt einer Mittelrheinbrücke im Raumordnungsbericht Rheinland-Pfalz und im Landesentwicklungsplan / LEP IV. Dem vergleichbar hatte jüngst der Schlichter Heiner Geißler die Entscheidungsstrukturen für die aktuelle Eskalation beim Projekt Stuttgart 21 mitverantwortlich gemacht. In Dresden wurden wesentliche Fehler gleich zu Beginn der Planungen gemacht, die später nicht mehr umgekehrt werden konnten. Der erbittert geführte Konflikt um die Waldschlößchenbrücke führte 2009 nach jahrelangem Streit zur Aberkennung des Welterbetitels durch die UNESCO. Solche Konfliktsituation gelte es nach Auffassung der Verbände abzuwenden, dazu solle die Stellungnahme einen Beitrag leisten.
Im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag, 28. Oktober 2010, 15:00 Uhr in 56154 Boppard, Rheinhotel Bellevue, Rheinallee 41 werden die Wissenschaftsverbände ihre ausführliche Stellungnahme vorstellen.
Ergänzende Info:
Das UNESCO-Welterbekomitee hat am 28. Juli auf seiner Sitzung in Brasilia einen Beschluss zur Planung einer Brücke im Mittelrheintal gefasst, der nach Auffassung der Landesregierung von Rheinland-Pfalz Grünes Licht für den Bau einer Brücke bei St. Goar bedeute. Die Welterbeverträglichkeit der Brücke sei festgestellt worden.
Seit einigen Wochen liegt nun die ausführliche Begründung zum Beschluss vor, die für die Auslegung des Beschlusses wichtig ist. Die Schlüsse, die die Landesregierung zieht, vermögen die Wissenschaftsverbände nicht aus dem Beschluss zu ziehen. Dazu wurden auch die bisherigen Planungen der vorgelagerten, höheren Ebenen der Planentwürfe (Raumordnungsbericht RP von 2003; Landesentwicklungsplan/LEP IV von 2006) analysiert.
In diesem Zusammenhang wird in der Pressekonferenz auch auf die Problematik des Masterplans eingegangen werden, zu dem die Landesregierung bis zum 1. Februar 2011 dem UNESCO-Welterbekomitee einen Bericht vorlegen muss.
Materialien:
Neben der Stellungnahme wird der Beschluss des UNESCO-Welterbekomitee einschließlich seiner Begründung und eine Übersetzung des englischen Originaltextes vorgelegt, so dass dieser für alle Bürgerinnen und Bürger leichter nachvollziehbar ist. Beides soll dazu beitragen, dass das weitere Verfahren und der Dialog der Bürger im Rheintal untereinander und zwischen Landesregierung und UNESCO einen richtigen Verlauf nehmen kann. Hinweis: Die Dokumente stehen ab sofort unter www.loreleyinfo.de und www.rheinpassagen.de zum Download bereit.
Downloads (PDF-Dateien):
- Pressemitteilung vom 27. Oktober 2010
- Pressemitteilung vom 22. Oktober 2010
- Beschlusstext (Entwurf) 34 COM 7B.87 des UNESCO-Welterbekomitees zum Oberen Mittelrheintal (deutsche Übersetzung)
- Beschlusstext 34 COM 7B.87 des UNESCO-Welterbekomitees zum Oberen Mittelrheintal (deutsche Übersetzung)
- Gemeinsame Stellungnahme an Bundestag
- Stellungnahme zum Beschluss 34 COM 7B.87 (vorläufig) des UNESCO-Welterbekomitee zum Oberen Mittelrheintal aus Anlass der Planung einer festen Rheinquerung (Brücke/Tunnel) bei St. Goar/St. Goarshausen
Es sprechen:
Dr. Christian A. Möller, Bonn, Vorstand Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V. – Die DGUF ist der größte Bundesweit tätige Fachverband für die Ur- und Frühgeschichte, in dem auch Interessierte Bürger mitwirken können. Sie widmet ihre Tätigkeit u.a. den Fragen der Kulturlandschaftspflege, des Denkmalschutzes und der Bürgerbeteiligung.
Dr. Gerhard Ermischer, Florenz u. Aschaffenburg, Generalsekretär CIVILSCAPE – CIVILSCAPE ist eine internationale Vereinigung von Organisationen der Zivilgesellschaft. Sie widmet ihre Arbeit Landschaftsschutz, -pflege und -planung nach der Europäischen Landschaftsschutzkonvention von Florenz
Dr. Frank Scholles, Hannover u. Hamm, Vorstand UVP-Gesellschaft e.V. – Die UVP-Gesellschaft e.V. fördert die Umweltvorsorge und alle dazu benötigten Planungs- und Managementinstrumente. Frühzeitige Umweltvorsorge ist der beste Umweltschutz.
Kontakt: Dr. Christian A. Möller, Tel.: 0151 12 51 44 97