Leserbrief in der Rhein-Hunsrück-Zeitung
Stellen Sie sich vor, Sie könnten ab MORGEN die Fähre 24 Stunden lang nutzen und das kostengünstig oder sogar kostenlos. Bräuchten wir dann wirklich noch eine Brücke?
Das Mittelrheintal braucht eine verbesserte Verkehrsstruktur, und zwar eine menschenkonforme. Dazu gehört neben der Reduzierung des Bahnlärms auch die Möglichkeit, den Rhein 24 Stunden zu queren. Die derzeit eingeschränkte Betriebszeit der Fähren ist ein Manko, nicht die Fähren selbst.
Der Bau einer Brücke bekämpft ein Übel und schafft im Gegenzug neue in Form von verstärktem KFZ-Verkehr, welcher Anwohner belastet und in Form von weniger Fährübergängen zum Nachteil von Fußgängern, Radfahrern, Wanderer und Unmotorisierten.
Die derzeit kostenpflichtigen Fähren werden überwiegend ihren Dienst einstellen, angesichts einer von Steuergeldern finanzierten Brücke, die kostenfrei benutzt werden kann.. Diese Auswirkungen sind unstrittig, werden aber von der Politik verdrängt.
Was mich aber am meisten verwundert ist die Tatsache, daß die Politiker, die die Brücke vehement fordern und dies angeblich vordergründig mit der Abwanderung aus dem Tal begründen, keinen Finger rühren, um diese Situation JETZT zu ändern.
Wer einen Flughafen subventioniert, ein Hotel und den Nürburgring mit staatlichen Geldern fördert kann nicht ernsthaft behaupten, daß keine Möglichkeit besteht, die Fähren zu fördern und den defizitären Nachtbetrieb zu finanzieren.
Oder stimmt es, daß die Brücke in erster Linie als Ost-West-Achse geplant und der Bürger im Tal Nebensache ist? Ginge es den Politikern um Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz, müßten sie sich FÜR die Fähren einsetzen. Oder sind diese Schlagworte nur für die Hochglanzbroschüren im Wahlkanpf?
Spätestens jetzt, nach dem GAU in Japan ist die Zeit gekommen, umzudenken und sowohl die Verkehrs- als auch Energiepolitik nachhaltig zu gestalten.
Doris Gawel – Bellevue Rheinhotel Boppard + Mitglied BI Rheinpassagen